Als meine Freundinnen angefangen haben eines Tages mit dem ersten Piercing in die Schule zu kommen, war das natürlich der Hit und wir wollten plötzlich alle unseren Körper verschönern und so ein cooles Markenzeichen tragen.
Während sich die meisten für ein Nasenpiercing oder Augenbrauenpiercing entschieden haben, wollte ich definitiv nichts in meinem Gesicht machen lassen, was auf den ersten Blick sichtbar gewesen wäre. Deshalb habe ich mich intuitiv für ein Zungenpiercing entschieden und mir diesen Wunsch felsenfest in den Kopf gesetzt.
Ich war damals 14 und habe, gutgläubig wie ich war, meiner Mutter von meiner Idee erzählt. Das war natürlich der totale Reinfall und endete in einem klaren Verbot und der Ansage, dass ich mit meinem Körper machen kann was ich will, aber eben erst wenn ich 18 bin.
Na super, vier Jahre auf ein Piercing zu warten, kam für mich auf keinen Fall in Frage, also musste Plan B her.
Eines Tages habe ich mir dann eben selbst einen Zettel mit der Erlaubnis meiner Mutter geschrieben und ihn gekonnt mit der Unterschrift gefälscht. Die hatte ich für sämtliche Schularbeiten eh schon mehrmals geübt und sie sah damit täuschend echt aus und selbst meine Mutter hätte sie nicht besser hingekriegt.
Damit ausgestattet bin ich dann zusammen mit meiner Freundin in das erstbeste Piercingstudio gestiefelt, habe die Erlaubnis vorgelegt und meinen Wunsch nach einem Zungenpiercing geäußert. Das hat schon mal gut geklappt. Der Piercer hat ohne jeden Zweifel den Zettel entgegengenommen und mich gleich mal nach hinten gebeten, um sich meine Zunge genauer anzusehen.
Das Resultat war eine herbe Enttäuschung: ein Zungenpiercing ist bei mir leider nicht möglich, da mein Zungenbändchen zu kurz ist und das Ergebnis einfach nicht gut aussehen würde und ich voraussichtlich Probleme beim Verheilen hätte.
Damit war der Tag für mich gelaufen und ich habe mir das Piercing schon wieder aus dem Kopf geschlagen, bis ich auf die Idee für ein Bauchnabelpiercing gekommen bin. Das sollte ja kein Problem sein, war immer noch leicht vor meiner Mutter zu verstecken und könnte im Sommer in bauchfreien Tops super präsentiert werden.
So langsam habe ich mich mit dem Gedanken angefreundet und bin ein paar Tage später wieder ins gleiche Piercingstudio gegangen. Diesmal mit meinem Freund im Gepäck, der auch unbedingt dabei sein wollte. Also wurde ich in die Waagerechte befördert und der Piercer hat sich schon mal die Gummihandschuhe angezogen. Dann noch meinen Bauchnabel desinfiziert und die Nadel sterilisiert. Und los ging’s.
Mit fest zusammengedrückten Augen habe ich auf den stechenden Schmerz gewartet. Aber es passierte irgendwie nichts. Beim Augenaufmachen habe ich dann nur gesehen, wie der Piercer immer noch versucht, die Nadel durch meinen Bauch zu stechen, es aber aus irgendwelchen Gründen nicht so recht klappen wollte.
Mittlerweile bin ich dann auch schon weiß angelaufen und mir war übel vor Schmerz und ich wurde gefragt, ob wir es lieber lassen sollen. Aber aufgeben wollte ich an dieser Stelle auch nicht. Es hat sich herausgestellt, dass die erste Nadel stumpf war und sich deshalb nicht durchstechen ließ. Dadurch, dass der Piercer mehrere Male ansetzen musste, war das für mich ein absolutes Horrorerlebnis. Nachdem sie ausgetauscht wurde, haben wir es ein zweites Mal versucht und in einer Sekunde war dann auch Gott sei Dank schon alles vorbei. Diesmal war es dann kurz und relativ schmerzlos und ist mit einem Ohrloch zu vergleichen. Man spürt eigentlich nur einen kurzen stechenden Schmerz und dann ist auch schon alles vorbei und vergessen. Der Gesundheitsstecker saß an Ort und Stelle und hat mir auch sofort super gut gefallen. Nun hieß es, pflegen, pflegen, pflegen.
In der Apotheke habe ich mir Desinfektionsmittel besorgt und damit morgens und abends das Piercing gesäubert. Auch durfte in den ersten Tagen kein Wasser dran kommen, was etwas schwierig war, aber ich habe es doch irgendwie ganz gut hinbekommen. Nur leider wollte das ganze nicht so recht verheilen und ich hatte über mehrere Wochen Eiter, der aus der Wunde kam.
Ich habe mir das so erklärt, dass es eventuell was mit der stumpfen Nadel zu tun hatte. Denn gepflegt habe ich das Piercing, wie es mir empfohlen wurde. Jedenfalls habe ich die Entscheidung bis heute nicht bereut und kann mir meinen Körper ohne Bauchnabelpiercing gar nicht mehr vorstellen. Beim Auswechseln sehe ich immer das unschöne Loch im Bauch und fühle mich irgendwie nackt.
Meiner Mutter habe ich es dann auch irgendwann erzählt und sie war auch gar nicht mal so sauer. Ich glaube sie war froh, dass ich es doch nicht im Gesicht habe und wenigstens verstecken kann, wenn es sein muss.
Ein zweites Piercing würde ich mir aber nicht zulegen. Ich bin froh, dass mein erstes Piercing gut verheilt ist und das reicht mir dann an Körperschmuck.
Bildquelle: Daniela Vladimirova (Flickr CC BY 2.0)