Mein erstes Mal Sex hatte ich mit 17. Es war in einer Sommernacht und mein Freund und ich lagen nackt in der kühlen Abenddämmerung zusammen in meinem Zimmer. Wir haben es geplant und auch schon ein paar Mal vorher probiert, aber es war einfach zu schmerzhaft für mich, um von meinem Partner angeregt zu sein oder viel Lust zu empfinden. Da ich auch keine Tampons benutzen kann (mein Körper hat sie einfach immer wieder raus geschoben, egal wie weit ich sie in mich eingeführt habe), war meine Vagina keine Penetration gewöhnt. Klar hatte ich auch schon Freunde vor meiner großen Liebe, aber außer knutschen, Petting und ein bisschen Fingern habe ich noch keine weiteren Erfahrungen sammeln können.
Als wir es dann aber endlich geschafft haben, waren wir verrückt danach. Das Gefühl zum ersten Mal verliebt zu sein – es war wie durch eine Welt zu taumeln voller Glück und Unbefangenheit. Man sah die Geschehnisse durch die bekannte rosarote Brille und ich war auf meiner Wolke 7 angekommen. Wir hatten viele erste Male miteinander – einschließlich unser erstes Mal Nacktsein. Nach vielen Monaten im Bett zusammen und jeglichen Arten von Liebe machen (außer der Penis/Vagina Variante) haben wir gemeinsam beschlossen, dass es nun endlich an der Zeit ist. Und an diesem Tag im August habe ich die ganze immense Intimität zwischen uns beiden gespürt und ein Glücksgefühl ihn in mir zu spüren und ihm so nah zu sein wie noch nie. Die Schmerzen waren allerdings genauso groß und es hat leider mehr als nur ein paar Sekunden gedauert bis es vorbei war.
Das nächste was zu erwähnen wäre, ist die Tatsache, dass wir kein Kondom benutzten. Ja, ich weiß, da wird man von klein auf auf die Gefahren und Verantwortung beim Sex drauf hingewiesen. Lehrer und Eltern schenken einem Bücher, zeigen einem die Theorie und erzählen die Geschichte mit den Bienen und Blümchen – und trotzdem: wenn’s drauf ankommt, ist man eben doch nicht immer vernünftig. Unsere ersten Monate als wir Sex hatten, waren alle ungeschützt. Mein Freund ist nie in mir gekommen, also haben wir vorgeblich die Methode “Koitus Interruptus” betrieben, aber wir haben beide gewusst, dass es eigentlich überhaupt nicht sicher war und dass wir so schnell wie mögliche eine andere und bessere Methode finden mussten.
Wir haben es mit Kondomen versucht, aber keiner von uns mochte das straffe Gefühl und den Gummigeruch. Also haben wir aufgegeben. Uns war klar, dass die nächste Option die Pille sein würde, aber dafür müsste ich zum Gynäkologen gehen, um ein Rezept zu kriegen und das hätte natürlich eine Untersuchung zur Folge gehabt.
Obwohl ich als Kind häufiger meine Mutter zum Arzt begleitet habe, hatte ich selbst panische Angst mich untersuchen zu lassen. Ich hatte immer die Vorstellung, dass ich halbnackt mit gespreizten Beinen auf einem kalten Untersuchungsstuhl liege und ein alter schmieriger Arzt mit Kopflampe zwischen meinen Beinen herumfuhrwerkt. Ich habe für mich also beschlossen, dass kein seltsam anmutender Mann einmal Höhlenforschung in meiner Vagina betreiben würde.
Jedenfalls gingen die Wochen so vorüber und irgendwann beschloss ich das Gespräch mit meiner Mutter zu suchen. Ich war es Leid bei jeder späten Periode gleich befürchten zu müssen, schwanger zu sein und deshalb habe ich ihr erzählt, dass ich einen Termin bei einem weiblichen Gynäkologen brauche. Ich denke, das war meine Art ihr zu sagen, dass ich bereits sexuell aktiv bin. Sie war erstaunlich gefasst und hilfsbereit, aber sie hat auch darauf bestanden, dass ich zu ihrem Arzt gehe und konnte nicht verstehen, warum ich unbedingt zu einer Frau wollte.
Die Lektion an dieser Stelle ist, dass die Wahl des Gynäkologen oder irgendeines anderen Arztes eine sehr persönliche Entscheidung ist. Ich ziehe es vor, weibliche Ärzte zu konsultieren, die sofort verstehen, welche Dinge Periodenschmerzen oder Scheideninfektionen nach sich ziehen. Aber meistens ist es ja so, dass man zu den Ärzten geht, die auch schon die eigenen Eltern behandeln oder die einen von klein auf kennen. Es hat allerdings etwas sehr Befreiendes einen Arzt aufzusuchen, der einen nicht primär als die Tochter oder den Sohn betrachtet und der nicht per Du mit den eigenen Eltern ist.
Deshalb habe ich mir die Nummer einer weiblichen Gynäkologin geben lassen. Eine gute Freundin, die ein paar Monate vor mit ihr erstes Mal erlebte, war so mutig sich beim Frauenarzt untersuchen zu lassen und hat mir die Nummer ihrer Ärztin gegeben. Da Frauen allerdings viel öfter beim Frauenarzt sitzen als vielleicht angenommen, musste ich ganze 6 Wochen warten ehe ich einen Termin bekommen habe. Gott sei Dank stand mir meine Freundin zur Seite und zusammen haben wir die Tage bis zu meinem Termin runtergezählt und von Woche zu Woche wurde ich nervöser. Sie hat mich auch noch schön angestachelt und mir Horror-Geschichten von monströsen Geräten erzählt, die in einen hinein geschoben werden. Am Tag meiner Untersuchung hat sie mir noch ein kleines Zettelchen im Englischunterricht zukommen lassen: an das Stück Papier war ein Gummihandschuh aus dem Biounterricht getackert und eine Zeichnung von einem Spekulum, was einer Kriegsmaschine nahe kam. Kurzum: Ich hatte Schiss!
Die Schulklingel signalisierte das Ende der Stunde und ich tapste nervös nach draußen, wo mein Freund schon auf mich wartete. Glücklicherweise hat er zugestimmt, mich zu dem Termin zu begleiten und im Warteraum auf mich zu warten, während ich im Untersuchungsraum biologisch auseinander genommen werden sollte. Ich fand, es wäre nur fair, dass er ein paar Minuten damit verbringt Frauenzeitschriften zu lesen, während ich von einer Fremden im Intimbereich untersucht werde, nur damit wir sicheren Sex haben können. Als ich dann von der Ärztin aufgerufen wurde, ist mein Freund in seinem Stuhl und einer Ausgabe von Schwangerschaftszeitschrift versunken. Ich stand auf um allein dem Ganzen ins Auge zu schauen.
Die Erfahrung war am Ende natürlich nicht sooo schlimm wie ich es mir vorgestellt hatte. Die Ärztin war sehr nett und warmherzig, auch wenn alles ein bisschen schnell ging. Da so viele andere Patientinnen draußen gewartet haben, hatte sie nicht wirklich Zeit meine 1000 Fragen zu beantworten. Also habe ich ihr nur schnell erzählt, dass ich für meine erste Untersuchung da bin und dass ich mir gerne die Pille verschreiben lassen würde. Daraufhin hat sie mich in die Umkleidekabine geschickt und mich gebeten, meine Sachen auszuziehen und dann wieder in den Untersuchungsraum zu kommen.
Gott sei Dank wird man beim Umziehen nicht beobachtet und der Arzt wartet solange bis man fertig ist. Diese Routine ist wichtig, um den Unterschied zwischen “sich Ausziehen” und einer ärztlichen Untersuchung zu verdeutlichen. Schließlich befindet man sich bei einem Arzt, der die Brüste und den Intimbereich professionell untersucht. Meine Ärztin hat mir während der gesamten Zeit erklärt, was sie gerade macht und das allein hat mich schon sehr beruhigt. Sie hat meine Brüste und meine Achseln nach ungewöhnlichen Knoten abgesucht, danach wurde mein Blutdruck gemessen und die Lymphknoten untersucht. Nachdem dort alles in Ordnung war, sollte ich mich auf den Stuhl setzen. Ich war etwas peinlich berührt so breitbeinig vor einer fremden Person zu liegen, aber dadurch, dass meine Ärztin immer mit mir geredet hat, war ich gut abgelenkt. Dann fing sie an zu erklären, dass sie mit einem Spekulum meine Vagina weiten wird, um dort einen Abstrich von meiner Schleimhaut zu machen. Dieser wird dann entweder in ein Labor geschickt oder direkt beim Arzt auf ungewöhnliche Zellwucherungen oder anderen möglichen Infektionen (wie zum Beispiel ein Pilz) untersucht.
Das Spekulum, was meine Freundin so dramatisch als Kriegsutensil beschrieben hat, war am Ende gar nicht so furchteinflößend. Es hat mich eher an eine Mischung aus homöopathischem Massagegerät und einem merkwürdigen Schuhanzieher erinnert.
Die Ärztin hat gesagt, dass ich mich entspannen soll, was allerdings unmöglich war. Aber als das Spekulum dann ohne Probleme in mich eindrang, war es gar nicht mehr so schlimm und ich sah mich gezwungen, mich voll und ganz auf das Gefühl zu konzentrieren, von innen “geöffnet” zu werden. Das kühle Metall hat sich gegen meine Scheidenwände gepresst um meiner Ärztin die bestmöglichste Sicht auf mein Inneres zu ermöglichen.
Dann hat sie ein langes mit Watte versehenes Stäbchen rausgeholt und es entlang des Metallrandes in meine Scheide eingeführt. Nach ein paar unangenehmen Bewegungen entlang meiner Schleimhaut konnte sie das Stäbchen wieder entfernen und hat somit meinen ersten Abstrich entnommen. Das kann etwas schmerzhaft sein, wenn man eine unangenehme Entzündung hat oder sich einen Pilz eingefangen hat, wie ich in späteren Untersuchungen feststellte. Das ganze dauert aber höchstens eine Minute. Dann zog sie das Spekulum heraus und ich konnte mich wieder anziehen.
Während dieser Zeit schaut sich die Ärztin die Probe unter dem Mikroskop an und man bekommt gleich im Anschluss die Diagnose ob alles in Ordnung ist oder nicht. Nach 20 Minuten war der Termin vorbei und ich konnte zu meinen Freund in den Warteraum zurück. Ich musste über das ganze Gesicht gestrahlt haben und ich war ehrlich auch ein bisschen stolz auf mich, dass ich meinen ersten Besuch beim Frauenarzt so gut gemeistert habe. Mit voller Freude habe ich meinem Freund das Rezept für die Pille gezeigt, was wir auch gleich bei der nächsten Apotheke eingelöst haben.
Seitdem gehe ich regelmäßig alle halbe Jahre zu meiner Frauenärztin und die anfängliche Angst ist komplett verschwunden. Zwar würde ich immer noch nicht zu einem männlichen Arzt gehen, aber ich sehe ein, dass es für jede Frau eine absolute Notwendigkeit ist, sich regelmäßig untersuchen zu lassen. Und deshalb gehe ich nach jedem Besuch mit einem guten Gefühl nach Hause.
(Bildmaterial: redjar, CC BY-SA 2.0 @Flickr)