Meine erste Erfahrung mit Alkohol

Früher war meine Mutter oft übers Wochenende nicht da, um ihren neuen Freund zu besuchen. Anfangs musste ich immer noch mitkommen, weil sie mich nicht alleine lassen wollte, aber als ich 12 war, hatte ich darauf keinen Bock mehr und ich wollte lieber da sein, wo meine Freunde auch sind. Nämlich in Berlin und nicht in so einem blöden Kaff in Brandenburg.

Nach ewigen Gezeter und endlosen Diskussionen mit meiner Mutter durfte ich dann auch endlich alleine bleiben und hatte somit das ganze Wochenende für mich alleine. Das habe ich natürlich auch meine Freunde wissen lassen und so waren kleine Parties und Treffen in meiner Wohnung keine Seltenheit. Natürlich musste ich meine Mutter zwischendurch immer wieder anrufen, um zu sagen, dass alles in Ordnung ist. In der Zeit mussten meine Freunde dann eben mucksmäuschen still sein und die laute Musik wurde für ein paar Minuten leiser gestellt.

Jedenfalls hatte ich an solch einem Wochenende meinen ersten Vollrausch mit Alkohol und der hat mir noch dazu einen ganz schönen Schrecken eingejagt. Das erzähl ich aber noch später.

Zu Besuch waren meine beste Freundin und zwei männliche Klassenkameraden, die vorgeschlagen haben ein bisschen Alkohol mitzubringen und lustige Spiele zu spielen. Das fanden wir natürlich eine grandiose Idee und haben uns schon voller Vorfreude auf den Abend bei mir gefreut.

In meinem Zimmer haben wir dann abgehangen, uns unterhalten und über Gott und die Welt erzählt. Später haben wir dann die Flasche Alkohol ausgepackt und angefangen Jenga zu spielen. Wir haben das Holztürmchen aufgebaut und jedes Mal, wenn es umgekippt ist, musste derjenige, dem es passiert ist einen ordentlichen Schluck trinken. Wir hatten auch kein Bier oder Sekt oder Wein – meine Kumpels haben sich direkt für das harte Zeug entschieden und eine Flasche puren Vodka mitgebracht. Da ich auch nichts da hatte, womit wir das mischen konnten, musste es eben so runtergespült werden.

Nach heftigen Schütteln und dem Gesicht verziehen, wurden die Schlucke irgendwann gar nicht mehr so schlimm und man hat direkt darauf gewartet als nächstes an die Reihe zu kommen. Als uns Jenga zu langweilig wurde, sind wir auf Wahrheit oder Pflicht umgestiegen. Das endete in Mutproben wie den anderen Küssen oder peinliche Fragen zu beantworten und die Flasche ging weiterhin in der  Reihe um.

Zu viert haben wir sie komplett alle gemacht. An viel erinnern kann ich mich nicht. Ich fand nur alles sehr witzig und war viel hemmungsloser als sonst. Die Jungs zu küssen war kein Problem und hat sogar Spaß gemacht. Das hätte ich mich ohne den Alkohol gar nicht getraut. Das Betrunkensein habe ich also irgendwie in guter Erinnerung, aber das schöne Gefühl hielt nicht wirklich lange an und ich musste von einer Sekunde auf die nächste wieder nüchtern sein.

Meine Freundin war inzwischen eingeschlafen. So sah es jedenfalls für uns aus. Als wir sie aber versucht haben wach zu machen, war sie überhaupt nicht mehr ansprechbar und ich glaube sogar bewusstlos. Wir haben ihr Wasser ins Gesicht geschüttet, sie zum Klo getragen und ihre Wangen getätschelt. Aber alles hat nichts geholfen. Sie wollte einfach nicht zu sich kommen. Ich hatte tierische Angst, dass ich den Notarzt rufen muss und dann alles auffliegt. Weil wir nicht wussten, was wir machen sollen, haben wir sie dann ins Bett meiner Mutter gebracht und auf die Seite gelegt. Ich war die ganze Zeit bei ihr und hab ihre Hand gehalten. Nach einer kurzen Zeit hat sie sich dann übergeben. Das war eine riesen Erleichterung für mich. Sie war wieder wach und nach dem Erbrechen auch wieder halbwegs nüchtern.

Wir haben den restlichen Abend im Bett gelegen und uns wahnsinig schlecht gefühlt. Als meine Mutter am Sonntagabend nach Hause kam, hat sie von alldem nichts mitbekommen.

Mir war es aber eine Lehre und Vodka konnte ich für lange Zeit nicht ein mal mehr riechen, ohne dass mir sofort schlecht geworden ist.

Bildquelle: Álvaro Canivell (CC BY-SA 2.0)