Mein erster Weisheitszahn

Eigentlich habe ich gedacht, diese Erfahrung bleibt mir erspart, da ich bis zum 24. Lebensjahr keinerlei Probleme mit zusätzlichen Zähnen hatte. Aber irgendwann habe ich den pochenden Schmerz im Gaumen gespürt und gewusst, dass es keine normalen Zahnschmerzen sind. Da ich nicht genau lokalisieren konnte, wo der Schmerz herkommt, habe ich meinen Mund erstmal auf eigene Faust untersucht und nach eventuellen Löchern Ausschau gehalten. Nach mehrmaligen Abtasten der Zahnreihen habe ich den Ort der Schmerzen schnell gefunden: hinter meinem letzten Backenzahn links unten hat sich eine kleine weiße Spitze bemerkbar gemacht, die offensichtlich versucht hat, sich durch mein Zahnfleisch zu boren.

Das Zahnfleisch war auch schon ganz angeschwollen und entzündet und es war klar, so konnte das nicht bleiben. Also habe ich so schnell wie möglich einen Zahnarzttermin ausgemacht, um meinen ersten Weisheitszahn schnell ziehen zu lassen.

Der hat mir dann auch per Röntgenbild bestätigt, dass es sich um einen ziemlichen Hauer handelt, er aber eine gute Position hat, um direkt von ihr gezogen zu werden. Also gesagt, getan. Nach einer ordentlichen Dosis Betäubungsmittel in Form von Spritzen, hätte  man mir ohne Bedenken mein gesamtes Gebiss erneuern können, ohne dass ich auch nur irgendetwas davon mitbekommen hätte. Mit diesem Gefühl der Beruhigung konnte es endlich losgehen und in ein paar Minuten sollte alles erledigt sein.

Dem war aber leider nicht so. Zwar habe ich nicht gesehen, was genau meine Zahnärztin da veranstaltet an, aber die knirschenden Geräusche der Instrumente und die angestrengten Augen der Ärtztin haben in mir die Sorgen aufsteigen lassen. Offenbar ging nicht alles so reibungslos wie geplant und nach einer halben Stunde hatte ich meinen Weisheitszahn noch an genau der gleichen Stelle sitzen, wie zuvor.

Als der Druck im Mund dann auch immer stärker wurde und ich langsam wieder anfing, Dinge zu spüren, habe ich mal vorsichtig ein Signal gegeben, dass der Zahnarzt entweder aufhören soll oder mir zumindest eine neue Ladung Betäubungsmittel verabreichen sollte.

In meinem Fall hat sie sich für’s Aufgeben entschieden, den Schnitt in meinem Zahnfleisch provisorisch zugenäht und mich mit einer klaffenden Wunde aus ihrem Behandlungsstuhl entlassen. Anscheinend stand mein Weisheitszahn doch nicht so günstig wie auf dem Röntgenbild angenommen und er müsse von einem Spezialisten entfernt werden. Der Spezialist war in diesem Fall ein Kieferchirurg, der aber erst zwei Tage später für mich Zeit hatte.

Völlig verdattert und noch ziemlich benebelt, habe ich mich mit einem Wattepad im Mund verabschiedet und gnädigerweise noch ein Rezept für Schmerztabletten bekommen. Die sollte ich dann nehmen, bis zu meinem Termin beim Chirurgen.

Die Schmerzen in diesen zwei Tagen waren furchtbar. Ich konnte kaum essen, mir war schlecht und die Schmerzen fast unerträglich, sodass ich nur im Bett rumlag und versucht habe, so viel wie möglich zu schlafen.

Dann endlich hat mich mein Freund zum Kieferchirurgen gebracht – ich selbst durfte ja durch die Schmerzmittel nicht fahren – und kaum angekommen, saß ich auch schon bei ihm auf dem Stuhl.

Nachdem er sich die Lage angeschaut hat, gabs die nächste Ladung Betäubungsmittel und ein grünes OP-Tuch übers Gesicht und nicht mal 5 Minuten später war alles erledigt. Ich konnte es kaum fassen. Ohne auch nur irgendetwas zu spüren, hat der Arzt meinen Weisheitszahn präsentiert und in eine desinfizierende Lösung getaucht. Den durfe ich als Andenken mit nach Hause nehmen und ein paar Tage später war von alldem nichts mehr zu bemerken. Ich hatte noch für ein paar Monate eine ziemlich tiefe Kuhle in dem Bereich, wo der Weisheitszahn saß. Das ist aber völlig normal und wächst früher oder später als normale Schleimhaut nach.

Nach diesem Erlebnis war ich allerdings erstmal bedient und als sich meine restlichen drei Weisheitszähne angekündigt haben, habe ich mir den Weg zum Zahnarzt direkt erspart. Ich bin dann sofort zum Kieferchirurgen gegangen, der mir alle drei weiteren Plagegeister mühelos entfernt hat.

Jetzt kann mich nichts mehr schocken und ich bin um eine Erfahrung weiser 🙂

Bildquelle: Bin im Garten (CC BY-SA 3.0)